Weniger ist mehr

daisy, flower, lake

Ein Plädoyer für weniger

Mach´s dir leicht

Weniger ist mehr! Es tut uns gut, wenn wir unseren Familienalltag vereinfachen. Dabei sind Pläne und Strategien hilfreich. Strukturen und Rituale tun jeder Familie gut. Sie helfen und vereinfachen immer wiederkehrende Routineaufgaben und halten unseren Kopf frei für all die überraschenden Dinge, die das Familienleben mit sich bringt.

Vielleicht bist du vom Typ sowieso super organisiert, dann sagst du jetzt wahrscheinlich – „Na klar, mit Struktur und organisierten Plänen läuft´s besser!“ Aber vielleicht bist du auch eher wie ich und hast viele Ideen, die sich dann schon irgendwie fügen. In beiden Herangehensweisen liegen Stärken und wir können voneinander lernen. Es ist ja meist die gute Mitte, die am besten funktioniert. Ich habe gemerkt, dass es mit zunehmender Zahl von Kindern und Aufgaben bei uns zu Hause wirklich schwierig wurde und dass mehr Struktur und Planung uns wirklich gut tut. In der Rubrik Haushalt findest du viele Anregungen und Tipps wie Strukturen, Routinen und Pläne den Alltag vereinfachen.

Aber in den letzten Jahren ist mir immer mehr bewusst geworden – es ist oft einfach zu viel. Zu viel von allem: zu viele Aufgaben, zu hohe Erwartungen, zu viele Aktivitäten, zu viele Dinge, zu viele Klamotten, zu viele Spielsachen, zu viele Verpflichtungen…. man sieht schon an der Aufzählung, dass es verschiedene Kategorien und Lebensbereiche sind und das zu viel in jeden Lebensbereich überschwappt.

Konsum

Wir leben in einer Welt des Konsums. Seitdem wir Kinder haben, habe ich das Gefühl ständig einzukaufen. Zuerst richtet man das Kinderzimmer ein, kauft sich einen Kinderwagen, später diverse Buggies, Kleidung, Spielsachen, Bastel- und Malsachen, Klettergerüst, kleines Bett, mittleres Bett, großes Bett, Laufrad, Minifahrrad….. und so geht es immer weiter. Kinder wachsen und entwickeln sich und wir kaufen entsprechend ein.

Ich hatte ein Aha-Erlebnis, das meine Denkweise über Kinder und Konsum zum ersten mal aufrüttelte. Ich stand mit einer anderen Mutter, die auch 3 Kinder hat, am Kitaausgang und wir unterhielten uns darüber, dass unsere Kinder schon wieder eine neue Schuhgröße haben. Bei diesem Gespräch erzählte sie, dass sie ihren Kindern nur noch das Nötigste kauft. Sie hat pro Größe nur das, was sie auch in einen Urlaub mitnehmen würde. Jedes Kind hat 3 Hosen, 3 T-Shirts und 3-Langarmshirts, 2 Pullis, Hausschuhe, Turnschuhe und Gummistiefel und eine Matschhose. Und warum? Weil sie das Gefühl hatte, nur noch mit Wäsche pflegen, einkaufen und aufräumen beschäftigt zu sein und einen Weg gesucht hatte, mehr Zeit für ihre Ziele zu haben. Weil sie weniger hatte und sich um weniger kümmern musste, hatte sie so die Kapazitäten neben ihrem Alltag mit 3 Kleinkindern ihr Studium zu beenden und trotzdem noch Zeit mit der Familie zu haben.

An diesem Tag hatte ich meine erste Begegnung mit Minimalismus und kam ins Nachdenken. Ich hatte mich schon daran gewöhnt immer mehr anzuhäufen. Und das geht mit Kindern schnell – Geschenke, Spielsachen, Kleidung, Möbel… Aber muss das immer sein? Brauchen wir all das? Dieses Erlebnis hat in mir einen Umdenkprozess angestoßen. Ich bin immer noch auf dem Weg und merke immer wieder, dass es uns als Familie gut tut mehr in gemeinsame Erlebnisse als in Dinge zu investieren.

Wohnen und Haushalt

Auch hier wird es mir oft zu viel. Vielleicht hast du die Aufgabenliste schon einmal für dich bearbeitet, wenn nicht, dann kannst du sie dir hier herunterladen:

Unsere Aufgaben rund um Haus, Haushalt und Versorgung der Kinder sind groß. Und auch hier können wir uns hinterfragen: muss das alles sein? Ist das wirklich nötig? Es geht um unser Zuhause und um die Familie selbst. Wenn wir zu hohe Anforderungen und zu viel Aufgaben haben, dann verpufft unsere Energie in diese Dinge, anstatt in das was uns wirklich am Herzen liegt. Perfektion und ein ordentliches Vorzeigezuhause im Stile der 50ger Jahre machen uns das Leben unnötig schwer. Vielleicht kann das Essensthema vereinfacht werden und man kocht nur noch ein paar Standartgerichte, die die Familie mag und dabei bleibt es.

Im Haushalt gibt es eigentlich immer Themen, bei denen wir uns das Leben leichter machen können. Es lohnt sich ab und an einen kritischen Blick auf die Aufgaben rund um Haus und Hof zu richten und Unnötiges über Bord zu werfen und sich von Ballast zu befreien, der uns lähmt oder stresst. Ganz nach dem Motto: weniger ist mehr.

Lebenseinstellung

Ein zu viel geht im Familienhaushalt ganz schnell. Je mehr Menschen zusammenkommen, desto mehr Bedürfnisse gibt es. Einiges lässt sich ändern, anderes nicht. Das eine vom anderen zu unterscheiden kann uns zu mehr Ausgewogenheit helfen. Hilfreich ist auch, wenn wir die Geschwindigkeit runterschrauben. Ich bin in Ostafrika geboren worden. Dort herrscht ein ganz anderer Lebensrhythmus. Er ist langsamer, bedeutend langsamer. Man geht langsam. Man nimmt sich Zeit. Zeit zum Ernten auf dem Hausacker, zum zubereiten der sehr einfachen Speisen oder zum Reden und zum Lachen. Meine Eltern haben sich dort unglaublich wohl gefühlt. Die Langsamkeit bringt eine Entschleunigung und Entspannung mit sich, die für uns westliche geprägte Menschen ganz besonders ist. Von dieser Art zu Leben können wir viel lernen.

Unser Familienalltag im hier und jetzt ist voll. Wenn morgens der Wecker klingelt, dann geht es schon los: duschen, anziehen, Kinder wecken, Kindern beim anziehen helfen, Frühstück machen, Pausensnacks zaubern, frühstücken, zur Eile antreiben, Morgenmuffel ertragen, Zähne putzen, Haare kämmen, alles zusammenpacken, zum Kindergarten, zur Schule und zur Arbeit eilen. So oder zumindest so ähnlich sieht es morgens in unseren Häusern und Wohnungen aus. Sind dann wohlmöglich noch die falschen Socken raus gelegt worden, oder der Pausensnack nicht lecker, die Mathearbeit noch nicht unterschrieben – dann ist Hetze, Stress und Zoff vorprogrammiert.

Und diese morgendliche Hetze, die verlorenen Minuten und der innere Stress begleiten uns leider oft weiter durch den Tag.  Nachmittags warten Hausaufgaben (die manchmal auch Nerven und Tränen kosten), Verabredungen, Hobbies, Haare waschen, Kindergeburtstage, Badezimmer putzen, Aufräumen….  Und dann bringt ein Kind plötzlich Läuse mit nach Hause oder wird krank, die nächste Zahnuntersuchung steht an und die nächste U-Untersuchung auch. Im Kindergarten ist Elternsprechtag und in der 2a Elternabend. Babysitter müssen organisiert werden und der Kühlschrank ist auch schon wieder leer. Puhhh! Der Familienalltag ist bereits ohne jedes freigewählte Zusatzprogramm herausfordernd und mit jedem Kind multiplizieren sich die Aufgaben und Termine. 

Weniger ist mehr

Habt den Mut rigoros zu streichen was euch und der Familie Stress produziert. Müssen die Kinder ein Instrument lernen? Ist es nötig, dass sich die Kinder jeden Nachmittag verabreden? Brauchen sie wirklich mehrere Hobbies zu denen sie mehrmals die Woche hin- und herumkutschiert werden müssen? Und nun zu den Eltern: ist es nötig, dass ihr jeden Tag kocht, putzt und aufräumt? Nein. Nudeln mit Tomatensoße sind auch lecker und es gibt weitaus Schlimmeres als unordentliche Kinderzimmer.

Ich bin im Grunde kein sehr ordentlicher Mensch aber manchmal überkommt mich ein Ordnungsfimmel. Und je älter ich werde, desto mehr Ordnung brauche ich um mich herum.  Dann räume ich und putze stundenlang das Haus und ärgere mich über meine unordentlichen Mitbewohner. Wenn sie aus der Schule kommen präsentiere ich ihnen mein Werk (sonst würden sie es wahrscheinlich nicht bemerken) und gebe ihnen strikte Anordnungen, wie sie diese Schönheit bewahren sollen. Leider klappt das nie. Nach 5 Minuten ist alles hin. Vor allem aber meine Laune. Ich schimpfe, ärgere ich mich lauthals über meine unordentlichsten Kinder der Welt und vermiese mir und dem Rest der Familie den Tag. Und ganz ehrlich – das ist nicht mal übertrieben. Am Ende des Frustes bleibt meine Erkenntnis „alles hat seinen Preis„. Wenn in meiner Familie der Preis für ein wunderschön ordentliches Zuhause Frust und dicke Luft ist, dann ist dieser Preis zu hoch.

Befrei dich

Befreit euch mutig von allem, was unnötigen Stress produziert. Reduziert eure eigenen Ansprüche an Ordnung, Sauberkeit, Bestnoten in der Schule oder anderen Vorstellungen und gewinnt stattdessen Gelassenheit. Weniger ist mehr. Wirklich! Habt den Mut euch von Ballast zu trennen, den ihr nicht braucht. Dann gewinnst du Zeit und einen neuen Freiraum.  Ohne Hetze sind wir viel offener für die schönen Momente und Überraschungen des Alltags. Dann können wir den Augenblick und die Familie zu genießen ohne innerlich schon beim nächsten Punkt auf der Agenda zu sein. Wir nehmen unsere Kinder und unsere Umgebung wahr und müssen nicht auf Entspannung warten und hoffen, dass sie hoffentlich irgendwann mal kommt– sie ist schon da.

Zu diesem Thema habe ich auch in meinem Buch Familientipps für heftige Zeiten geschrieben . Gerade wenn unsere Zeiten „heftig“ sind, ist ein einfacher Lebensstil ein guter Weg neue Kraft zu gewinnen und als Familie auf einem guten Weg zu sein.

Buch: Familien Überlebenstipps für heftige Zeiten

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner